Kurztrip auf die Philippinen

Ein paar Dinge vorweg:

Malaysia ist das Land der Feiertage und der Monat September toppt alles, was wir bisher erlebt haben! Nachdem die Malayen bei den SEA Games (die südostasiatische Ausgabe der Olympischen Spiele) so gut abschnitten, erklärte der Premierminister kurzfristig den 4. September zum Feiertag.

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Eigentlich wollten wir ja nach Taipeh/Taiwan. An dem geplanten Wochenende waren die Flugpreise jedoch ungewöhnlich hoch. Offensichtlich waren alle Chinesen mit taiwanesischen Wurzeln auf dem Weg in die Heimat. So entschieden wir uns für Manila/Philippinen. Bislang wussten wir nicht, dass dieser Archipel aus 7.107 Inseln besteht und somit hatten wir die Qual der Wahl welche davon wir besuchen wollten. Von den vielen interessanten Plätzen suchten wir uns drei Orte auf der Insel Luzon aus: Pagsanjan, Tagaytay und Manila.

Reisen auf den Philippinen bedeutet: Keine Berührungsängste haben. Das ist wörtlich gemeint. Ein Beispiel: Sind auf einer Jeepney-Sitzbank noch 25 cm Platz und eine dralle Filippina benötigt diesen, so stellt sie sich vor die Lücke und lässt sich zurückfallen. „Passt schon“, auch wenn die Nachbarn dann fast nicht mehr atmen können.
Jeepneys sind ein besonderes Erlebnis. Der Beitrag in unserem Reiseführer von Roland Dusik (2017),  Stefan Loose Travel Handbücher, Dumont Reise Verlag GmbH & Co. KG, beschreibt ganz genau das, was auch wir erlebt haben, daher ergänze ich unseren Artikel mit einem Auszug :

Als die Amerikaner 1945 von den Philippinen abzogen, ließen sie tausende ausrangierter Jeeps zurück, die in den Militärdepots vor sich hin rosteten. Da kam ein findiger Filippino auf die Idee, eines dieser alten Fahrzeuge für seine Zwecke umzurüsten. Fahrgestell und Aufbau wurden verlängert, Sitzbänke für 16 Fahrgäste eingebaut – das war die Geburtsstunde des Jeepneys, eines nostalgischen Massentransportmittels, das weltweit seinesgleichen sucht.
Freilich hatten die graugrünen Geländewagen von damals nur entfernte Ähnlichkeit mit den chromblitzenden und virtuos dekorierten Vehikeln von heute, die wie Fantasiegefährte aus Diesneyland wirken. Auf der Motorhaube wippen beim Gasgeben oder Bremsen silberne Miniaturmustangs. Zahlreiche Außen-, Seiten- und Rückspiegel auf Kotflügel, Haube und Dach geben dem toten Winkel keine Chance. Dazwischen drängen sich unzählige nutzlose Antennen, begleitet von Wimpeln und Fähnchen. An den Seitenfenstern bauschen sich bunte Gardinen und Girlanden. Über dem Armatuenbrett thront ein Hausaltar mit Marienbildern, und nachts leuchten und blinken bis zu 20 grelle Discolampen im Rhythmus der Musik. Folk-Art auf Rädern, mobile Kunst und sehr individuell. Ein Jeepney ist mehr als ein Auto, er ist Existenzgrundlage und Statussymbol gleichermaßen, ein fahrendes Stück philippinischer Lebensphilosophie.
Es sind an die 60.0000 Jeepneys, die Tag für Tag Manila unsicher machen. Sie halten den Verkehr der Metrople aufrecht und bringen die Stadt in den Stoßzeiten zugleich an den Rand des Kollaps. Sie befördern tagtäglich hundertausende von Menschen und treiben sie gleichzeitg mit ihren Abgasen und ihrer röhrenden Allgegenwart zur Verzweiflung (…)
Jeepneys pendeln auf festen Routen, die vorne über der Windschutzscheibe oder seitlich angeschrieben sind, in sämtlichen Statteilen von Metro Manila, außer im vornehmen Makati. Sie halten auf Handzeichen an jedem Punkt der Straße, jederzeit, auch im Halteverbot oder, wenn es sein muss, sogar auf einer belebten Kreuzung. Selten muss man länger als zwei Minuten am Straßenrand warten, bis man einen Jeepney erwischt, der die gewünschte Strecke fährt.
Ausgelegt ist ein Jeepney für etwa 16 kleingewachsene philippinische Passagiere. Zu den Hauptverkehrszeiten drängen sich auch schon mal zwei Dutzend und mehr in die dann sprichwörtliche Sardinenbüchse. Wer aussteigen will, ruft einfach laut para oder klopft gegen das Blechdach. (…)

So sahen wir am Olivarez Terminal, ein unbefestigter (schlammiger) Platz auf der Rückseite einer Gebäudezeile, etwa 100 dieser Gefährte. Ein Einheimischer zeigte uns das Fahrzeug, das zu unserem gewünschten Ziel fuhr. Der Fahrer fährt erst los, wenn das Gefährt voll ist.  Voll liegt im Ermessen des Fahrers. Man nennt dem Fahrer sein Ziel und erfährt den Fahrpreis. Das Fahrgeld wird dann von den Fahrgästen von Hand zu Hand an den Fahrer durchgereicht. Wechselgeld geht den gleichen Weg zurück. Sitzt man direkt rechtwinklig auf der Sitzbank hinter dem Fahrer, ist man gleich für diese Tätigkeit angestellt (Alfred machte diese Erfahrungen ;o) Unser erster Fahrer startete erst, nachdem er den Rosenkranz, der am Innenspiegel hing, berührte und sich anschließend bekreuzigte.

 

Auch haben Entfernungen eine andere Dimension. Verbindungen von einem Ort zum anderen gehen nur über Landstraßen, die jede Ortschaft durchqueren. Geduld ist das A und O, denn man kriecht von einem Stau zum anderen. 50 km und 3 Stunden Fahrzeit ist normal.

Darüber hinaus lernten wir ein neues Wort: „CR“ Auf Nachfrage hieß es, CR bedeutet Comfort Room. OK, und was ist ein Comfort Room? Später fanden wir heraus, dass es sich um die Toilette handelt.

 

 

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Stadttor von Pagsanjan

 

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Ausblick vom Garten unseres Hotels nach links auf den Fluss

 

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Ausblick von unserem Garten nach rechts auf den Fluss in Richtung des Wasserfalls

Pagsanjan wählten wir (bzw. eher Alfred) wegen der Kayaktour über Stromschnellen eines reißendes Flusses, die an einem Wasserfall endet. Mir graute vor der Fahrt wegen dem kleinen Wörtchen „reißend“. Zwischen August und Dezember soll der Fluss am meisten Wasser haben und die Rückfahrt wird beschrieben als „in tosendem Wildwasser auf den Stromschnellen hinunterschießen“. Glücklicherweise hatte der Wettergott Erbarmen mit mir und es konnte weder von tosend noch von hinunterschießen die Rede sein. Alfred war darüber sehr traurig.
Zwei Banceros paddelten mit uns in einem Einbaum und hoben uns mitsamt dem Boot über elf Stromschnellen. Während der einstündigen Fahrt auf dem Fluss passierten wir einige Ansammlungen von Hütten am Ufer des Flusses. Wir sahen Frauen, die mit der Hand ihre Wäsche wuschen, ein junges Mädchen, das sich und ihre langen Haare am Flussufer wusch. Sie spülte das Shampoo aus, in dem sie Wasser aus einem kleinen Eimer immer wieder über ihre Haare goss.
Am Ende der Fahrt erwartete uns der 30 m hohe Magdapio-Wasserfall, der sich in einen runden, natürlichen Felsenpool ergießt, in dem man auch schwimmen kann. Hier hatten wir zusätzlich die Gelegenheit auf einem Bambusfloß unter dem Wasserfall durchzufahren, um in die dahinter liegende Höhle (devils cave) zu gelangen. Das war der Wahnsinn. Alfred flog die Brille weg (sie blieb zum Glück auf dem Floß liegen) und wir waren beide sehr beeindruckt von der Kraft, mit der das Wasser auf unsere Körper traf.
Die Landschaft ist atemberaubend: eine tief eingeschnittene, malerische Dschungelschlucht, die schon Kulisse in vielen Filmen war. Leider ließen wir die Kamera im Hotel, da wir keine wasserfeste Hülle dafür hatten. Daher gibt es hier nur Fotos aus dem Internet:

 

 

Nach unserer Kayaktour hatten wir uns auf Anraten der Resortbesitzerin ein Taxi gemietet, um zu unserer nächsten Station Tagaytay zu kommen. Sie meinte, dass wir für die Strecke von 77 km mit öffentlichen Verkehrsmitteln 7 bis 8 Stunden brauchen würden. Also ließen wir uns auf eine Taxifahrt ein und warteten erst einmal eine geschlagene Stunde auf die Abholung. Google maps berechnete eine Fahrzeit von 2,5 Stunden. Tatsächlich fuhren wir 4,5 Stunden. Unser „Taxifahrer“, wie wir später herausfanden ein Freund der Besitzerin, hatte nicht wirklich Ahnung wohin er fahren musste. Nachdem wir schon eine Weile fuhren, bemerkte Alfred, dass wir diese Stelle vor einiger Zeit schon einmal passiert hätten. Auf Alfreds Frage: „Is there any specific reason for that extra loop?“ drehte sich unser Guide um und wollte zu einer wortreichen Erklärung ansetzen. Jedoch trafen sich sein Blick und Alfreds Blick, der klar signalisierte: „Erzähl jetzt kein Scheiß.“ Daraufhin schloß sich sein Mund ohne einen Ton. Als er sich zu einem zweiten Anlauf gefangen hatte, lächelte er und antwortete: „Human error“. Die anschließende überaus wortreiche Entschuldigung mussten wir dann doch über uns ergehen lassen. Er lächelte weiterhin und meinte, dass wir ja nun auf dem richtigen Weg wären.
Der Verkehr kurz vor und in Tagaytay war die Hölle, da an diesem Freitag auch auf den Philippinen ein Feiertag war und alle Manilenos aus der Stadt heraus wollten. Laut Aussage unseres „Taxifahrers“ hat kein Filippino Internet auf dem Handy und somit keine Chance mit einem Navi den Weg herauszufinden. Also hielten wir alle paar Meter an, um nach dem Weg zu fragen. Unser Hotel sei sehr unbekannt meinte er und lächelte. Alfred lächelte mittlerweile nicht mehr, denn wir saßen seit mehr als 4 Stunden im Auto ohne dass wir wussten, ob wir auf dem richtigen Weg waren. Auch der Gedanke an dem Hotel vorbeigefahren zu sein und mühselig den gleichen Weg zurück zu müssen, war keine amüsante Vorstellung. Also teilte Alfred dem Fahrer in seiner unmissverständlichen Art mit, dass er JETZT anhalten solle und erst DANN weiterfährt, wenn klar ist, wohin wir müssen. Fahrer und Fahrgäste schwärmten zu dem am Straßenrand gelegenen Hotel, einem Restaurant und einer Tankstelle aus, um nach dem Weg zu fragen. Glücklicherweise fand sich auch endlich jemand, der wusste wo wir hinmussten. Die Einfahrt zu unserem Hotel befand sich etwas verdeckt, nur durch ein unscheinbares Schild gekennzeichnet, auf der anderen Straßenseite!

Tagaytay wählten wir wegen dem Lake Taal und dem gleichnamigen Vulkan. In dieser Stadt haben viele Manilenos ein Wochenendhäuschen, da der Ort auf 634 m liegt und es einige Grad kühler ist als in Manila. Von unserem Bed and Breakfast hatten wir einen fantastischen Blick auf den See und Vulkan (im Hintergrund mit dem Wolkenhäubchen). Dieser ist nur etwa 400 m hoch. Er ist einer der kleinsten, jedoch gefährlichsten Vulkane der Welt. Der letzte heftige Ausbruch war 1965 und ein weniger heftiger im Jahr 1976. Trotz Siedlungsverbot leben mittlerweile wieder Dutzende Bauern und Fischer in der Nähe des Vulkans.

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Wir stürzten uns zu Fuß in den Verkehr (nach dem Besuch in Hanoi kann uns nichts mehr aus der Ruhe bringen) und machten uns auf den Weg zur einzigen Mall des Ortes. Zum Abendessen waren wir in einem Restaurant der gehobenen Klasse. Für mich als Vegetarierin ist Essen auf den Philippinen kein Spaß. Etwas ohne Fleisch und Fisch zu finden, das zudem noch Geschmack hat, ist schwierig. Mittlerweile haben wir erkannt, dass wir, seit wir in Malaysia leben, richtig verwöhnt und anspruchsvoll geworden sind. Das Essen ist so abwechslungsreich und vor allen Dingen scharf, dass uns die Gerichte in den bisher von uns besuchten asiatischen Ländern nicht schmecken.

Die Bootsfahrt auf dem See und den Aufstieg auf den Vulkan mussten wir leider ausfallen lassen, denn dafür war keine Zeit. Bei unserer Reiseplanung hatten wir nicht damit gerechnet, dass wir für diese relativ kurzen Strecken zwischen unseren Stationen so viel Zeit einplanen müssen. Stattdessen fuhren wir mit einem Jeepney in den „Peoples park in the sky“, der laut Reiseführer Ausgangspunkt für Spaziergänge sei. Wir waren von dieser Anlage enttäuscht, doch das Abenteuer der Hin- und Rückfahrt in verschiedenen Jeepneys hat uns wieder versöhnt.

 

Ein „Spinnchen“, das uns auf einem Spaziergang begegnete. Die war mindestens handtellergroß.

 

Nachdem wir im Hotel ausgecheckt hatten, stellten wir uns dem nächsten Abenteuer: Die Fahrt in einem öffentlichen Bus nach Manila. An diesem Tag mussten wir für 53 km 1,50 € Fahrpreis pro Person entrichten und waren „nur“ 2,5 Stunden unterwegs. Busse fahren auf festgelegten Strecken. Allerdings gibt es keine Bushaltestellen. Einer der Hotelmitarbeiter ging mit uns hinter die Tankstelle. Dort sei die Bushaltestelle, sagte er. Das muss man wissen, denn ein Schild konnten wir nirgendwo entdecken. Da es einige Busse nach Manila gibt, hielt er jeden davon an und fragte nach der Route bis dann nach ungefähr 30 Minuten einer hielt, der in der Nähe der durch die Straße fuhr, in den unser Hotel lag. Der Bus war klimatisiert und so kalt, dass ich meine Jacke anziehen musste. Hier kommen einige Eindrücke von unterwegs:

 

Auf dem oberen Foto sieht man rechts zwischen orangefarbener Plane und pinkfarbenem Schuh einen Fuß. Dieses „Durcheinander“ ist die Unterkunft einer Familie. Man kann es auf dem drei unteren Bildern nicht sehr gut erkennen, doch hinter den Gebüschen sind Wellblechhütten, in denen ebenfalls Familie leben. Die Armut hat uns beide sehr belastet.

 

In Manila angekommen liefen wir zu Fuß durch den Rizal Park und dann durch Intramuros. Der Rizal Park ist eine grüne Oase und eine Erholungsstätte für Einheimische und Touristen. Er besteht aus einer Promenade, die ca. 300 Meter lang und 100 Meter breit ist. Es gibt einen chinesischen und japanischen Garten, Kinderspielplätze usw. Kurz nach der Errichtung im 19 Jh. befand sich am östlichen Ende ein Platz, auf dem die spanischen Behörden philippinische Widerstandskämpfer und Patrioten hinrichten ließen. Zwischen 1823 und 1897 wurden 158 Hinrichtungen durchgeführt, u. a. die des Nationalhelden und Dichters José Rizal. Auf diesem Platz steht heute das Rizal-Monument, eine nationale Gedenkstätte (rechtes Bild). Auf dem Bild unten links ist der Kilometer Zero, von dem aus alle Distanzen gemessen werden und rechts die Bay walk Manilas.

 

Danach bummelten wir durch Intramuros, ein Stadtteil Manilas, der komplett von Mauern umgeben ist. Während der spanischen Kolonialzeit auf den Philippinen war der Bezirk der Sitz der spanischen Kolonialverwaltung, wovon noch erhaltene Gebäude zeugen, z. B. die Kathedrale. Intramuros wird als das „ursprüngliche“ Manila bezeichnet. Nachdem dieses dreieinhalb Jahrhunderte alte Zeugnis spanischer Baukunst Feuer und Erdbeben mehr oder weniger gut überstand, sank der Stadtteil während des Zweiten Weltkrieges in Schutt und Asche. Das Sanierungsprogramm läuft und das kann man an einigen Punkten erkennen. Leider konnten wir weder die Kathedrale, eine der bedeutendsten Bastionen des katholischen Glaubens auf den Philippinen noch die San Augustin Kirche, ein weiteres Meisterwerk altspanischer Baukunst, von innen besichtigen, da der Samstag Nachmittag offensichtlich der beliebteste Zeitpunkt für Hochzeiten ist.

 

 

Wir hechteten zurück zur Bay, um den Sonnenuntergang um 18 Uhr nicht zu verpassen. Leider waren zu viele Wolken am Himmel, so dass es nicht ganz so spektakulär wurde. Kurzentschlossen aßen wir zu Abend in einem Fischrestaurant direkt an der Uferpromenade mit einem wunderschönen Blick auf Manilas Skyline.

 

Am Sonntag Vormittag machten wir uns auf die Suche nach dem höchsten Punkt, damit Alfred einen Rundblick über die Stadt genießen konnte. Gefunden haben wir ihn im  Restaurant des PanPacific Hotels. Es ist unglaublich wieviel Luxus uns im Innern dieses Hotels erwartete. Sobald man durch die Tür wieder nach draußen kommt, liegen Kinder auf nacktem Beton am Straßenrand und schlafen oder rennen den Touristen hinterher und verlangen: „Give me a coin!“

 

Wir machten uns am Sonntag vormittag auf den Weg zum Flughafen. Man hatte uns gewarnt, dass selbst ein Taxi bis zu zwei 2 Stunden für die 15 km bis zum Airport brauchen kann. Berührungsängste hin oder her, wir wählten zunächst die LRT (Hochbahn) und legten in 15 Minuten zwei Drittel der Strecke zurück. Den Rest schafften wir dann mit dem Taxi problemlos und trafen viel zu früh am Terminal ein Dort warfen wir einen letzten Blick zurück auf die Skyline von Manila.

 

 

Ein Gedanke zu “Kurztrip auf die Philippinen

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